Literarisch-musikalische Lesung „Annes Kampf“ bewegt Schülerinnen, Schüler und Publikum im Lüderhaus  

Am 20. Mai 2025 wurde im Lüderhaus Großenlüder die eindrucksvolle literarisch-musikalische Lesung „Annes Kampf – Anne Frank vs. Adolf Hitler“ aufgeführt. Das Bühnenstück, gestaltet von Marianne Blum (Gesang & Schauspiel) und Thomas Linke (Schauspiel), stellte zwei radikal gegensätzliche Weltanschauungen einander gegenüber: die hoffnungsvolle Menschlichkeit der Anne Frank und den menschenverachtenden Hass Adolf Hitlers.

Bereits am Vormittag wurde das Stück exklusiv für rund 130 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 7 bis 10 der Lüdertalschule gezeigt. Die jungen Zuschauerinnen und Zuschauer hatten sich im Unterricht auf die Konfrontation der Texte aus dem Tagebuch der Anne Frank mit Auszügen aus Hitlers „Mein Kampf“ vorbereitet. Nach der Aufführung bedankte sich Kristian Schäfer, Fachleiter Gesellschaftslehre, ausdrücklich bei der Gemeinde mit Bürgermeister Florian Fritzsch, der der Schule diese wichtige Möglichkeit der Teilhabe eröffnet hatte.

Marianne Blum ergänzte die Lesung durch live gesungene Lieder der Zeit, die die historischen Kontexte musikalisch erfahrbar machten und das Erlebte emotional vertieften. Die schauspielerische Leistung und die atmosphärische Gestaltung – mit Licht- und Schatteneffekten, die einzelne Redebeiträge besonders in Szene setzten – trugen dazu bei, dass sich die Kontraste zwischen den beiden Weltbildern tief ins Gedächtnis einbrannten. Im Anschluss an die Schulaufführung fand ein intensiver Austausch mit den Künstlern statt. Die Jugendlichen berichteten von eigenen Erfahrungen mit Ausgrenzung und Diskriminierung und diskutierten über Zivilcourage im Alltag.

Am Abend wurde die Veranstaltung für die Öffentlichkeit wiederholt. Rund 70 Gäste fanden den Weg ins Lüderhaus. Auch wenn sich die Gemeinde eine größere Resonanz gewünscht hätte, war die Veranstaltung eindrucksvoll. Viele Gäste zeigten sich nach dem rund 90-minütigen Programm emotional bewegt und dankbar für den „prall gefüllten Geschichtsunterricht“, der nicht belehrte, sondern berührte.

Bürgermeister Florian Fritzsch eröffnete die Veranstaltung mit einem nachdenklichen Zitat von August Bebel: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.“ Er erinnerte an den 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus am 8. Mai und an Margot Friedländer, eine Überlebende des Holocaust, die am 9. Mai dieses Jahres verstorben ist und ihr Leben dem Dialog mit jungen Menschen gewidmet hatte. Zugleich wies er auf alarmierende Statistiken hin: Eine Umfrage der Jewish Claims Conference ergab, dass etwa 40 Prozent der jungen Erwachsenen in Deutschland nicht wissen, dass rund sechs Millionen Jüdinnen und Juden während des NS-Regimes ermordet wurden. Jeder Zehnte kennt den Begriff „Holocaust“ nicht.

Im Nachgang zur Aufführung bestand auch für das abendliche Publikum Gelegenheit zum Gespräch mit den Künstlern. Diese berichteten über die Entstehung des Stücks, äußerten ihre Sorge über das Erstarken rechter Parteien und gaben Einblicke in die Auswahl der Musikstücke. Einzelne Gäste teilten persönliche Erinnerungen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, was die Bedeutung des Erinnerns eindrucksvoll unterstrich.

Bürgermeister Florian Fritzsch betonte in seinem abschließenden Resümee: „Unsere Gemeinde ist und bleibt vielseitig, tolerant und respektvoll. Kulturelle Veranstaltungen wie diese helfen uns, einseitige und vermeintlich einfache Antworten kritisch zu hinterfragen und Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen.“

Die Veranstaltung wird durch das Regionalbudget des Regionalforums Fulda Südwest gefördert. Die Gemeinde dankt allen Beteiligten für ihr Engagement gegen das Vergessen und für ein lebendiges Erinnern.